Warum haben die Genossenschaften die Grundstücke bisher nicht gekauft?
Wenn man nur den im Internet kursierenden Kaufpreis aus 1996 in der Höhe von ATS 1.600,-- pro m² Grundstücksfläche annimmt, so hätte die Süd-Ost ca. 106 Mio. Schilling zu bezahlen gehabt, die Gartensiedlung rd. 84 Mio., die Siedlungsunion ca. 460 Mio und die Altmannsdorf Hetzendorf ca. 680 Mio. Schilling. Die Genossenschaften hätten damals aber keine Berechtigung gehabt, diese Beträge von den Nutzungsberechtigten zu fordern. Diese hätten vielmehr bis zum Auslaufen der Baurechtsverträge Ende 2012 ein Anrecht auf die bis dato gültigen günstigen Konditionen gehabt.
Abgesehen von der für alle Genossenschaften bestehenden Unmöglichkeit diese Summen zu finanzieren, hätten die nicht weiterverrechenbaren Finanzierungskosten in letzter Konsequenz zum Entzug der Gemeinnützigkeit führen müssen.
Warum kaufen die Genossenschaften die Grundstücke nicht jetzt?
Weil der Finanzierungsbedarf auch heute die Möglichkeiten der Unternehmen bei weitem übersteigt. Zum momentanen Zeitpunkt ist ein Verkauf der Liegenschaften für die Stadt Wien kein Thema, ein möglicher Kaufpreis würde sich wohl am Verkehrswert der Grundstücke orientieren.
Heute wie damals gilt, dass niemand zum Kauf gezwungen werden kann. Die Stadt Wien kann die Liegenschaften nur jeweils als Gesamtheit an die Genossenschaften verkaufen. Diese müssten sich dann für die einzelnen Häuser Käufer suchen.
Die Finanzierungskosten für die nicht verkauften Häuser würden deutlich über dem Baurechtszins auf Basis von € 8,38 liegen. Die Finanzierungskosten der nicht verkauften Häuser hätten die Unternehmen aus der eigenen Tasche zu bezahlen. Womit dann alle Mitglieder der Genossenschaft dafür aufkommen müssten, dass einige ihr Siedlungshaus kaufen können.
Auf Grund des eben Geschilderten ist leicht einsehbar, dass sowohl aus rechtlichen als auch aus moralischen Gründen der Kauf einzelner Häuser nicht möglich ist.
Wir haben unsere Häuser selbst bezahlt, warum können wir sie nicht „vererben"?
Grundsätzlich haben alle Mieter oder Nutzungsberechtigten die Bau- und Grundstückskosten Ihrer Miet- oder Nutzungsgegenstände im Rahmen der jeweils gültigen Förderungsbestimmungen selbst zu bezahlen, entweder sofort bei Anfall dieser Kosten oder eben über Jahre verteilt.
Im Falle eines Siedlungshauses geschieht dies dadurch, dass in der Regel das Haus auf eigene Kosten renoviert, umgebaut und/oder auch erweitert wird und die oder der Nutzungsberechtigte für die Finanzierung dieser Maßnahmen selber aufkommt.
Auch Mieterinnen und Mieter von Wohnungen zahlen deren Baukosten selbst. Die Finanzierung der Bau- und Grundstückskosten ist dabei entweder in die Miete eingerechnet oder sie erfolgt über eine Mischung aus Eigenleistung - gemeint sind damit Finanzierungsbeiträge, die durchaus einige zigtausend Euro betragen können - und der Vorschreibung der restlichen Finanzierungskosten in der monatlichen Miete.
Während aber bei der zuerst geschilderten Variante, beim Siedlungshaus also, nur die tatsächlichen Kosten der Finanzierung zu bezahlen sind, haben die Nutzerinnen und Nutzer von Wohnungen die anteiligen Gestehungskosten über das Ende der Darlehenslaufzeit hinaus, zumindest teilweise weiter zu bezahlen. Im Gemeinnützigen Wohnbau sind diese Beträge zweckgebunden und dienen vereinfacht gesagt dazu, im Bereich unseres gemeinnützigen Geschäftsbereiches kosten dämpfend eingesetzt zu werden.
„Vererben" kann man ein Miet- oder Nutzungsobjekt sowieso nicht, es gibt nur ein Eintrittsrecht. Und das ist gesetzlich geregelt.
Wie stehen die Vorstände zur vorliegenden Nachfolgeregelung?
Auf Grund des Auslaufens der Baurechte war eine Nachfolgeregelung erforderlich. Zur Frage der Überwälzbarkeit eines höheren Baurechtszinses war die Fachwelt lange Zeit uneinig. Aus heutiger Sicht und bei Beachtung von Gesetzes- und Vertragslage scheint die Verrechenbarkeit eines höheren Baurechtszinses an die Nutzungsberechtigten sehr wahrscheinlich. Da es aber zu dieser Frage noch keine Höchstgerichtsentscheidungen gibt, ist die Frage nicht mit 100%-iger Sicherheit zu beantworten.
Einige der betroffenen Genossenschaften haben ihre Nutzungsberechtigten um Ihre Meinung zum Verhandlungsergebnis gefragt und um Unterzeichnung von Zustimmungserklärungen gebeten, mit denen sich die Nutzungsberechtigten ab 1.1.2013 freiwillig zur Bezahlung des neuen Baurechtszinses verpflichten. In unserer Genossenschaft wurde von dieser Möglichkeit sehr zahlreich gebrauch gemacht, in jeder unserer betroffenen Siedlungen haben mehr als 90 % der Siedler eine solche Erklärung unterschrieben, in zwei Siedlungen waren das sogar jeweils ca. 99 %.
Mit dem Angebot der Konditionen für Altmieter ist die Stadt Wien den Genossenschaften, und damit deren Nutzungsberechtigten, ein großes Stück entgegengekommen. Den verantwortlichen Vorständen ist klar, dass auch die daraus resultierenden Erhöhungen vor allem Bezieher kleiner Einkommen hart treffen. Die Regelung für eintretende Kinder steht aus unserer Sicht im Einklang mit dem Mietrechtsgesetz. Dabei muss man anerkennen, dass die Baurechtsgeberin den Altmietern günstige Konditionen gewährt, diese aber nicht in die nächste Generation bringen will und deshalb den Nachlass für Altmieter nicht an eintretende Kinder weiter gibt.
Die lange Laufzeit der neuen Verträge gibt Sicherheit für die nächsten 60 Jahre.
Warum waren die betroffenen Nutzungsberechtigen im Verhandlungsteam nicht vertreten?
Die betroffenen Genossenschaften haben hauptsächlich Mitglieder ihrer Vorstände und Aufsichtsräte in das Verhandlungsteam entsandt. Diese wurden von ihren jeweiligen Generalversammlungen gewählt und sind verpflichtet, ihre nach Gesetz und Satzung bestehenden Verpflichtungen zu erfüllen und jeweils das Wohl ihres gesamten Unternehmens zu verfolgen, ohne das einzelne Mitglied aus dem Auge zu verlieren. - Mehr vertreten kann man eigentlich nicht sein.